Bildung für alle statt Bildungsmärkte für die Eliten

Sehr geehrte Damen und Herren,

Weltweit gibt es rund 780 Millionen Analphabeten, über 1,4 Milliarden Menschen leben in Armut. Bildungsarmut und damit einhergehend Hunger sind vor allem ein Problem in den ländlichen Regionen der Entwicklungsländer. Dort aber, wo Frauen und Männer lesen und schreiben können, sinkt der Grad an Unternährung, steigen die Einkommen sowie die Produktivität der Kleinbauern und ergeben sich Wege aus der Armut. Bildung ist der Schlüssel zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und ist ein in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie der UN-Kinderrechtskonvention verankertes Menschenrecht. Die Millenniumsentwicklungsziele zwei und drei beziehen sich auf Bildung, Grundbildung für alle Kinder und Aufhebung der Benachteiligung von Mädchen. Von der Verwirklichung dieses Rechts sind wir allerdings weit entfernt. Die Bundesregierung macht vollmundige Ankündigungen, dass Bildung zum Schwerpunktthema ihrer Entwicklungspolitik gemacht werden soll, um das Ziel „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zu verankern. Aber was sehen wir hinter der Fassade dieses Versprechens?

Der Antrag der Regierungskoalition zum Thema stellt einen erheblichen Rückstand bei der Grund- und Sekundarbildung fest. Das deutsche Modell der dualen Ausbildung wird als Vorbild angeboten und die Einbeziehung der deutschen Wirtschaft, etwa durch PPP (Public Private Partnership-Projekte) empfohlen. Im Bereich der beruflichen Bildung sollen vor allem privatwirtschaftliche Institutionen gestärkt werden.

Hochschulbildung wird vor allem unter dem Gesichtspunkt der Elitenrekrutierung und wirtschaftlichen Innovationsfähigkeit betrachtet. Beim Wissensaustausch wird die stärkere Zusammenarbeit der Universitäten mit dem Privatsektor empfohlen. Dieser Fokus auf Privatisierung ist genau das Gegenteil von Bildung für alle!

In dem Antrag wird festgehalten, dass die Lehrergehälter oft zu niedrig seien und die Regierungen im Süden oft „nicht imstande“, „ihre Hoheitsaufgaben im Bildungsbereich zu erfüllen“. Daraus wird aber nicht die naheliegende Schlussfolgerung gezogen, die Partnerregierungen seien durch die Stärkung der staatlichen Strukturen, z.B. durch Budgethilfe, zu unterstützen, um effektive staatliche Systeme aufbauen zu können, sondern es wird daraus eine Daseinsberechtigung für die vielen privaten Angebote in diesem Bereich abgeleitet.

Welchen finanziellen Beitrag die Bundesregierung zur Bildungsförderung in den Partnerländern künftig leisten will, wird mit keiner Silbe erwähnt. Das muss aber konkret benannt werden, wenn man sich ernsthaft für die weitere Unterstützung für Bildungssysteme einsetzt. Das Gegenteil scheint jedoch der Fall. Die Finanzmittel für die „Internationalisierung von Bildung“ (Stipendien, etc.) stagnieren seit Jahren oder sind sogar leicht rückläufig.

DIE LINKE hätte es auch sehr begrüßt, wenn die Koalition etwas zur Anerkennung von in Partnerländern erzielten Abschlüssen hier in Deutschland gesagt hätte. Wichtig wäre auch gewesen, das große Problem von Schul- und Studiengebühren anzusprechen, das ja maßgeblich den Zugang zu Bildung blockiert. Stattdessen wird „innovativen Finanzierungselementen“ und einer Förderung der Privatwirtschaft das Wort geredet. Natürlich sollen auf diese Weise für die deutsche Wirtschaft durch sogenannte „Bildungsdienstleister“ lukrative Märkte erschlossen werden.

DIE LINKE will stattdessen staatliche Strukturen stärken. Wir brauchen ein öffentliches, allgemein zugängliches Bildungssystem, anstatt eine beliebige Trägervielfalt zu finanzieren und die Regierungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern so bildungspolitisch zu entmündigen.

DIE LINKE empfiehlt außerdem, auf dem Feld der Bildungspolitik in eine trilaterale Kooperation einzutreten. Es gibt gute Süd-Süd-Initiativen, die oft angepasster arbeiten als die Initiativen aus dem Norden und dabei beeindruckende Erfolge bei der Alphabetisierung erzielen. Dabei möchte ich insbesondere die erfolgreiche kubanische Kampagne „Yo si puedo“ erwähnen, die auch von der UN entsprechend gelobt wurde. Hier könnte die internationale Unterstützung gut ansetzen.

Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, Entwicklungshilfeleistungen für Bildung deutlich zu erhöhen und dazu beizutragen, dass die Ziele des Weltbildungsforums 2000 in Dakar erreicht und das Millenniumsziel universaler Grundbildung bis 2015 umgesetzt wird. Die Industrieländer müssen ihre finanziellen Ausgaben für Bildung erhöhen, damit jedem Kind bis 2015 zumindest eine Primärschulbildung gewährleistet werden kann. Die ärmsten Länder müssen in die Lage versetzt werden, genügend Lehrkräfte auszubilden und einzustellen, Schulen mit ausreichend Klassenräumen zu bauen und Schulbücher für jedes Schulkind anzuschaffen.

Wir müssen das Menschenrecht auf Bildung endlich verwirklichen, statt nur leere Versprechen zu machen! Der Schlüssel hierzu ist der politische Wille. Herr Niebel, wenn Sie Bildung wirklich zum Schwerpunktthema machen wollen, ist es an der Zeit, so langsam den schönen Worten auch mal Taten folgen zu lassen.
Vielen Dank!

Kommentare sind geschlossen.