Freihandelsabkommen mit Afrika müssen dem Bundestag vorgelegt werden

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Staatssekretär Silberhorn, wir debattieren hier zwar zu später Stunde. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir hier Märchenstunden veranstalten müssen.
(Beifall bei der LINKEN)

Heute Abend zu später Stunde geht es nämlich um nichts Geringeres als um die selbstbewusste Verteidigung der Rechte des Parlaments gegenüber der Bundesregierung. Dazu haben Sie keinen Satz gesagt, Herr Silberhorn. Die Bundesregierung will nämlich dem Bundestag eine Abstimmung über Freihandelsabkommen der EU mit den afrikanischen Staaten, über die Sie jetzt gesprochen haben, verweigern.
(Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Quatsch!)

Obwohl die Abkommen von der EU als gemischte Abkommen eingestuft werden, sagt die Bundesregierung, der abstimmungsrelevante Teil des Abkommens sei weniger politischer als eher technischer Natur. Deshalb sei der Bundestag nicht zuständig. – Mit dieser Argumentation dürften wir hier über zahlreiche Freihandelsabkommen überhaupt nicht abstimmen.

Nun gab es dazu eine Anhörung im Rechtsausschuss. Was war das Ergebnis? Alle Sachverständigen, über alle Parteigrenzen hinweg, folgten unserer Argumentation, dass die Bundesregierung hier eine völlig überholte Auslegung des Grundgesetzes vornimmt und dass das ganze Abkommen betrachtet werden muss. Genau deswegen muss dieses Abkommen dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erwarte von Ihnen, von SPD und CDU/CSU, meine Herren und Damen Abgeordnete, dass Sie sich hier nicht zu Statisten degradieren lassen, sondern aktiv für Ihre Rechte als Parlament und Ihre Rechte als Abgeordnete eintreten.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stefan Rebmann (SPD): Machen wir! Durch Handeln erledigt!)

Jetzt noch ein paar Sätze zu diesem sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika, die über Jahrzehnte die Handelsstrukturen festlegen werden. „Partnerschaftsabkommen“ ist dabei schon eine sehr zynische Bezeichnung, kann ich dazu nur sagen. Die ehemalige Kulturministerin von Mali, Aminata Traoré, hat diese Abkommen als „Massenvernichtungswaffen Europas“ bezeichnet. Diese Abkommen sind im Grunde das TTIP für Afrika und deshalb zurückzuweisen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele von uns kennen ja das Beispiel mit den billigen Hähnchenschenkeln aus der EU. Deshalb möchte ich darauf jetzt gar nicht eingehen. Es gibt aber ein anderes, sehr eindrückliches Beispiel, das auch vor kurzem in einem Artikel der Zeit sehr treffend dargestellt wurde. Es geht um Ghana in Westafrika, ein Agrarland. Tomaten sind dort eines der meistkonsumierten Nahrungsmittel. Auf den Märkten in Ghana aber findet man wenig heimische Tomaten, dafür umso mehr Tomaten von den riesigen Agrarkonzernen aus der Europäischen Union, zum Beispiel auch aus Italien. Was passiert nun mit den Kleinbauern in Ghana? Viele verlieren ihre Existenz. Sie können nicht mit den billigen Produkten – in diesem Fall den billigen Tomaten aus der EU – konkurrieren. Sie verlieren ihre Existenz, werden arbeitslos. Wenn sie Glück haben, haben sie die Möglichkeit, nach Europa zu kommen. Sie überleben vielleicht die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer und landen dann in Italien. Und wenn sie noch einmal Glück haben, bekommen sie vielleicht einen Job als Erntehelfer auf den großen Tomatenplantagen der Konzerne – natürlich zu einem Hungerlohn, damit die Tomaten in Ghana noch billiger verkauft werden können und dort noch mehr Kleinbauern arbeitslos werden.
Dieser perverse Teufelskreis von Preisdumping, Plattmachen von Kleinbauern, Perspektivlosigkeit und Flucht muss endlich durchbrochen werden.
(Beifall bei der LINKEN)

Freihandel, Herr Silberhorn – und darum geht es bei der EU -, bringt nur wenigen großen Konzernen viel Profit. Freihandel zerstört und ist eine Fluchtursache. Genau deswegen – das sehen wir ja – sind die Interessen, die die EU vertritt, die der großen Konzerne. Diese Auseinandersetzung haben wir ja derzeit mit CETA und TTIP. Wer wie die Bundesregierung hier immer gerne von der Bekämpfung von Fluchtursachen spricht, der darf zu dieser Form des Freihandels nicht länger schweigen.
(Beifall bei der LINKEN)

Genau deshalb ist es auch entscheidend, dass der Bundestag, dass wir alle hier darüber diskutieren und abstimmen können.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN)

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