Gutachten: Militärschlag in Syrien war völkerrechtswidrig

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags stuft den von Deutschland unterstützten Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Syrien als völkerrechtswidrig ein. „Der Einsatz militärischer Gewalt gegen einen Staat, um die Verletzung einer internationalen Konvention durch diesen Staat zu ahnden, stellt einen Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot dar“, heißt es in einem elfseitigen Gutachten [PDF], das von Heike Hänsel und Alexander S. Neu in Auftrag gegeben wurde.

Im Gutachten heißt es weiter: „In ihrer völkerrechtlichen Bewertung unterscheiden sich die jüngsten Luftangriffe der Alliierten gegen syrische Chemiewaffeneinrichtungen vom 14. April 2018 nicht grundsätzlich von jenem Militärschlag, den die USA bereits im April 2017 im Alleingang gegen die syrische Luftwaffenbasis Schairat geführt hatte; auch die Militäroperation 2017 ist im Ergebnis einhellig als völkerrechtswidrig bezeichnet worden. In beiden Fällen wurden Parallelen zur Kosovo-Intervention von 1999 gezogen. Die völkerrechtliche Diskussion über die Frage einer potentiellen militärischen Reaktion auf Giftgaseinsätze in Syrien reicht bis ins Jahr 2013 zurück, als der damalige US-Präsident Obama für den Fall des Überschreitens der ‚roten Linie‘ militärische Vergeltungsschläge angedroht hatte. Die völkerrechtliche Literatur sowie die deutsche Presse haben den jüngsten Militärschlag der Alliierten gegen Syrien einhellig als völkerrechtswidrig qualifiziert.“

„Das neueste völkerrechtliche Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zum Angriff der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Syrien ist eine Ohrfeige für die scheinmoralische Argumentation dieser Staaten. Es ist aber auch eine Ohrfeige für die Bundesregierung, die diesen völkerrechtswidrigen Angriff als ‚erforderlich und angemessen‘ rechtfertigte. Die Bundesregierung unterstützt somit einen gravierenden Völkerrechtsbruch und trägt damit selbst zur Erosion dieses Regelwerkes bei. Die Linke fordert als erste Konsequenz aus diesem völkerrechtswidrigem Verhalten der Verbündeten Deutschlands den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus der Region“, kommentieren Heike Hänsel und Alexander S. Neu die wissenschaftliche Ausarbeitung.

Die Wissenschaftler des Bundestag schreiben weiter: „Wie bereits im Fall der Kosovo-Intervention 1999 lässt sich festhalten, dass völkerrechtwidriges Handeln nicht dadurch ‚geheilt‘ wird, dass es moralisch legitim ist. Aus der Legitimität staatlichen Handelns erwächst nicht automatisch dessen Legalität.“

Dazu Hänsel und Neu: „Die Bundesregierung muss verstehen, dass auch westliche Staaten sich ausnahmslos an das Völkerrecht halten müssen. Wer mit zweierlei Maß misst, wie zum Beispiel den Angriff auf Jugoslawien und die gewaltsame Abtrennung des südserbischen Staatsgebietes Kosovo durch die NATO-Staaten rechtfertigt, aber die Sezession und und den Anschluss der Krim als Annexion und als Völkerrechtsbruch bezeichnet, agiert genau mit Doppelstandards. Eine solche Politik rächt sich irgendwann, wenn andere Staaten sich auch nicht mehr ans das Völkerrecht gebunden fühlen. Auf diese Weise wird das Völkerrecht zu einem Diffamierungsinstrument reduziert. Zur Vermeidung von Doppelstandards ist die Bundesregierung nun gefordert, auch Sanktionen gegen diese drei mit Deutschland verbündeten Staaten zu erlassen.“

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