Jetzige Handelspolitik widerspricht jeglichen Klimaschutzzielen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Jung,
ich muss erst einmal auf Sie eingehen. Hier wird immer von Schulden gesprochen. Aber Schulden bedeuten auch Investitionen.
(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt nämlich lebenswichtige, nachhaltige Investitionen in eine intelligente Politik, zum Beispiel die Klimapolitik. Wir erleben es in sehr vielen Bereichen, dass wir Dinge, die wir heute nicht finanzieren, später um ein Vielfaches teurer bezahlen müssen. Der Klimaschutz gehört dazu.

Nehmen Sie nur das Geld für Klimaanpassungsmaßnahmen, das wir jetzt weltweit in Milliardenhöhe brauchen. Dieses Geld hätten wir früher viel intelligenter im Klimaschutz einsetzen können. Insofern ist Ihre Politik kurzsichtig.

Hinzu kommt: Sie ist auch sozial ungerecht. Das geht natürlich an die SPD. Dadurch, dass Sie darauf verzichtet haben, in der Steuerpolitik eine Umverteilung vorzunehmen und die Reichen zu besteuern, sodass sie für soziale Aufgaben und für den Klimaschutz herangezogen werden, fehlt uns jetzt der Spielraum. Das geht zu Ihren Lasten, und das werfen wir Ihnen auch vor.
(Beifall bei der LINKEN)
Frau Hendricks, Sie haben vom guten Ruf Deutschlands in der Welt gesprochen. Ich muss sagen: Sie leben zwar noch von diesem guten Ruf, er wird aber schon lange nicht mehr mit Leben erfüllt. Wer hat denn maßgeblich zu diesem guten Ruf beigetragen? Das war doch die Bevölkerung. Die Bevölkerung hat den Atomausstieg erkämpft, und sie hat sich massiv für eine Energiewende in Deutschland eingesetzt. Aber Sie füllen diese Forderung, die aus der Bevölkerung kommt, schon lange nicht mehr mit Leben.
Hinzu kommt – ich spreche schließlich als Entwicklungspolitikerin -, dass die Länder des Südens darauf angewiesen sind, dass Sie Ihrer internationalen Verantwortung nachkommen. Das ist nämlich das Hauptproblem, dass in erster Linie diese Länder von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind – das wissen wir alle – und viel stärker darauf angewiesen sind, dass Sie in Klimaschutz investieren und die Klimaziele verbindlich formulieren und einhalten.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber es geht nicht nur um die Verbindlichkeit der Klimaziele. Wir müssen auch fragen: Was bringen Sie eigentlich jetzt, während wir immer von Klimazielen sprechen, auf den Weg? Zum Beispiel die Handelspolitik läuft diametral entgegen sämtlicher Klimaschutzziele.
Im Zusammenhang mit CETA – das ist das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada; zu dem Abkommen mit den USA, TTIP, gibt es, wie wir wissen, auch viele Diskussionen – wurde viel versprochen: Ökologische Standards werden nicht gesenkt. Jetzt wird es aber entgegen anderslautender Versprechungen möglich sein, dass die klimaschädlichen Teersandöle aus Kanada eingeführt werden können, die 25 Prozent mehr Treibhausgase bei der Förderung erzeugen als das Erdöl.
(Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Ein Skandal!)
Das ist verantwortungslos. Deshalb kann ich es sehr gut verstehen, dass die Bevölkerung gegen CETA und TTIP mobilisiert, weil sie genau sieht, dass ökologische Standards gesenkt werden. Das ist die Realität.
Wir haben am kommenden Samstag, dem 11. Oktober, den europaweiten Aktionstag gegen CETA und TTIP. Ich rufe alle auf: Gehen Sie auf die Straße! Das ist ein konkreter Beitrag zum Klimaschutz.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt komme ich zu den G-7-Staaten.
(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Was alles mit dem Klimaschutz zu tun hat!)
Die G-7-Staaten wollen einen gemeinsamen Flüssiggasmarkt entwickeln. Dabei geht es vor allem auch um das Fracking-Gas aus den USA und Kanada und damit um ganz andere Weichenstellungen. Sie sollten nichts vom Klimaschutz erzählen, wenn Sie andere Fakten schaffen.
Nun möchte ich zur internationalen Klimafinanzierung kommen. Da könnten Sie internationale Verantwortung zeigen. Wir erleben als Entwicklungspolitiker seit Jahrzehnten, dass das Erreichen des 0,7-Prozent-Ziels hier geht es um die Frage, wie viel pro Jahr für Entwicklung ausgegeben wird in weiter Ferne liegt. Sie haben gesagt, dass Sie 2050 Ihre Klimaziele erreichen werden. Aber dazu müssten wir erst einmal nächstes Jahr unser Entwicklungsziel erreichen. Davon sind wir meilenweit entfernt. Wir erreichen momentan noch nicht einmal 0,4 Prozent. Das kann man nicht anders als Schande für eines der reichsten Länder der Erde bezeichnen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nun stellen Sie Geld für den internationalen Klimaschutz ein. Die Kanzlerin hat 750 Millionen Euro angekündigt. Wenn man sich den Haushalt aber genau anschaut, dann stellt man fest, dass nicht einmal 20 Millionen für den Green Climate Fund eingestellt sind; das geht nicht. Es ist ein Skandal, dass den großen Ankündigungen keine Taten folgen. Sie basteln an Ihrem Ruf auf internationaler Ebene. Aber im Haushalt wird das Geld nicht eingestellt. Vor allem die Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre sind minimal. Das ist unverantwortlich, weil man so keine langfristige Planung machen kann.
(Beifall bei der LINKEN)
Hinzu kommt, dass Sie die Gelder für den Klimaschutz mit den Entwicklungsgeldern verrechnen. Die Entwicklungsländer brauchen aber zusätzliches Geld für Klimaanpassungsmaßnahmen. Diese Gelder dürfen nicht mit denen für die Entwicklungszusammenarbeit verrechnet werden. Sonst sinkt der Entwicklungsetat sogar. Das lehnen wir ab. Das hat nichts mit Klimagerechtigkeit zu tun. Sie verschieben die Gelder, weil Sie es nicht gewagt haben, die Umverteilungsfrage zu stellen, also die Menschen, die sehr viel Geld haben, stärker an der Finanzierung des Klimaschutzes zu beteiligen. Das ist das große Problem. Den Preis dafür zahlen auch die Länder des Südens. Dagegen werden wir uns wehren.
(Beifall bei der LINKEN)

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