Stuttgart 21: Deutsche Bahn hat Überblick verloren oder lügt

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Nein, ich kann Ihnen mitteilen: Meine Kollegin Sabine Leidig ist leider krank – sogar schwer krank –; deswegen habe ich heute sehr gerne für sie diese Rede übernommen. Es ist nämlich sehr wichtig, dass wir über dieses Thema sprechen. Denn diese Woche wurde in der Stuttgarter Zeitung eine Zahl mit enormer Sprengkraft veröffentlicht. Jetzt steht nämlich fest, wovor die Bewegung gegen das Großprojekt Stuttgart 21 bereits seit Jahren gewarnt hat, und sie hat das auch vorgerechnet, nämlich die nächste Kostenexplosion bei diesem Wahnsinnsprojekt.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Wieso steht es fest?)

Der Bundesrechnungshof geht bei den Kosten von neuen Zahlen aus. Er rechnet mit bis zu 10 Milliarden Euro Kosten für dieses unglaubliche und unnütze Projekt. Das ist eine Bankrotterklärung für all diejenigen, die immer noch dieses Projekt unterstützen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Genau deswegen fordern wir den Ausstieg aus Stuttgart 21. Er ist immer noch möglich.
(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen deutlich machen, dass dieses Projekt wirklich ein Fass ohne Boden ist. Entweder hat die Bahn den Überblick über ihre eigenen Berechnungen verloren, oder sie lügt hier, dass sich die Balken biegen. Wir haben 1997 mit dem Projekt angefangen. Damals wurde gesagt: Das Projekt kostet 2 Milliarden D-Mark. Dann stieg es etwas an auf schlappe 4,5 Milliarden D-Mark bei der Volksabstimmung – ein Kostendeckel. Im März 2013 lagen wir dann bei 6,8 Milliarden Euro, und mittlerweile rechnet der Bundesrechnungshof mit 10 Milliarden Euro. Das ist eine Verzehnfachung gegenüber dem Ausgangswert. Dagegen ist sogar der Berliner Flughafen in der Kostensteigerung ein regelrechtes Schnäppchen. So wird hier gerechnet, und das ist unverantwortlich.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Donth [CDU/CSU]: Sagt die Stuttgarter Zeitung!)
Einen Profiteur gibt es dabei aber ganz bestimmt. Es gibt mehrere, aber einer saß eine Weile im Bundeskanzleramt: Ronald Pofalla, der dieses Projekt 2013 als Vertrauter von Angela Merkel beim Aufsichtsrat noch durchgedrückt hat, obwohl damals schon die Berechnungen davor gewarnt haben, das Projekt weiterzubetreiben. Er hat es durchgedrückt. Mittlerweile sitzt er im Bahnvorstand mit einem schönen Gehalt von über einer halben Million Euro. Ja, herzlichen Glückwunsch, Herr Pofalla! Für Sie hat sich dieses Projekt gelohnt.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Es gibt in ganz Europa mittlerweile keinen vergleichbaren Großstadthauptbahnhof, der eine derart schräge Planung hat. Zum Beispiel geht es technisch gesehen ja auch um eine Gleisneigung von 25 Promille. Diese liegt beim Fünffachen des eigentlich Zulässigen. So etwas gibt es eigentlich überhaupt nicht. Die Fachleute greifen sich an den Kopf, wie man so eine Planung überhaupt machen kann.
(Lachen des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])

Dazu kommt – das ist eigentlich der größte Skandal –, dass es auch noch mit einem Kapazitätsabbau verbunden ist, also mehr Geld für weniger Leistung. Das ist wirklich ein Schildbürgerstreich ohnegleichen, und genau deshalb müssen wir dieses Projekt stoppen.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: So ein Blödsinn!)

Es ist auch das Projekt von Angela Merkel. Sie hat, wie gesagt, persönlich mitveranlasst, dass weitergebaut wird, und deshalb ist auch sie und die Bundesregierung verantwortlich für diese Misswirtschaft, diese Fehlkalkulation und den Missbrauch von Steuergeldern.
(Zuruf von der LINKEN: Genau! – Zuruf von der SPD: Quatsch!)

Den Grünen kann ich nur sagen: Beenden Sie endlich diese blödsinnig-kritische Begleitung dieses Projektes! Stoppen Sie es in Baden-Württemberg! Die Volksabstimmung ist schon lange obsolet.
(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden jedenfalls am 16. Juli für ein Ende des Projekts in Stuttgart demonstrieren. Dazu sind Sie alle herzlich eingeladen. Stoppt Stuttgart 21!
(Beifall bei der LINKEN)

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