Überprüfung etwaiger negativer Auswirkungen der Strafmaßnahmen gegen Syrien

Deutscher Bundestag – 19 Wahlperiode – 88 Sitzung Berlin, Mittwoch, den 20. März 2019

Fragestunde:

Frage 43

Antwort des Staatsministers Niels Annen auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE): Wie wird sich die Bundesregierung verhalten, wenn im April 2019 im Rahmen der EU die „Überprüfung etwaiger negativer Auswirkungen der Strafmaßnahmen gegen Syrien“ wieder auf der Tagesordnung steht und ein ab Juni 2019 geltender neuer Sanktionszyklus beschlossen werden soll, insbesondere angesichts der Berichte über die Konsequenzen eben dieser auch von der UN-Vollversammlung, UN-ESCWA, dem Welternährungsprogramm oder der Weltgesundheitsorganisation verurteilten und kritisierten Sanktionen gegen die syrische Zivilbevölkerung und die damit einhergehende katastrophale humanitäre Situation, aufgrund derer UN-Angaben zufolge 11,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und beispielsweise Gaslieferungen aus Russland an die Bevölkerung nicht verteilt und ihr nicht zugänglich gemacht werden können, da sie dem Sanktionsregime unterliegen (vergleiche „Report of the Special Rapporteur on the negative impact of unilateral coercive measures on the enjoyment of human rights on his mission to the Syrian Arab Republic“ (A/HRC/39/54/Add. 2); Resolution A/RES/68/200; www.antikrieg.eu/aktuell/un_study_syria.pdf; www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Akzente_Syrien_web.pdf; www.dw.com/de/kommentar-geberkonferenz-f%C3%BCr-syrien-als-erstesdie-sanktionen-beenden/a-47868059; www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-geberkonferenz-den-syrern-helfen-ohne-bascharal-assad-zu-helfen-a-1257287.html; www.jungewelt.de/artikel/350182.syrien-und-der-westen-hunger-als-waffe.html)?

Lassen Sie mich vorab folgenden zentralen Punkt betonen: Die europäischen restriktiven Maßnahmen gegen Syrien sind nicht die Ursache des Leids in Syrien. Die bei weitem schwerwiegendsten Auswirkungen auf die syrische Zivilbevölkerung haben die Angriffe des syrischen Regimes auf die eigene Bevölkerung und auf Gesundheitseinrichtungen sowie die Verweigerung humanitären Zugangs durch das syrische Regime. Die syrische Bevölkerung wird vor den Auswirkungen der restriktiven Maßnahmen nach Möglichkeit geschützt:

Waren für den Grundbedarf wie Lebensmittel oder Medikamente sind von den restriktiven Maßnahmen ausgeschlossen. Zudem gibt es für die Erbringung humanitärer Hilfe Ausnahmen, zum Beispiel für jeglichen zur Erbringung der Hilfe erforderlichen Erwerb von Kfz-Treibstoff.

Die Bundesregierung leistet als einer der größten Geber weltweit im Rahmen ihrer humanitären Hilfe einen wichtigen Beitrag zur Linderung des Leids der Zivilbevölkerung. Die Unterstützung der Bundesregierung für humanitäre Hilfe in Syrien und den von der Krise betroffenen Nachbarländern seit 2012 liegt bei rund 2,8 Milliarden Euro. Bei der dritten Brüssel-Konferenz für Syrien und die Region, die letzte Woche stattfand, hat die Bundesregierung insgesamt weitere Mittel in Höhe von 1,4 Milliarden Euro zugesagt.

Darüber hinaus gilt: Im Rahmen der aktuellen, jährlich stattfindenden Überprüfung der restriktiven Maßnahmen stellt die Bundesregierung gemeinsam mit ihren EU-Partnern sicher, dass die Maßnahmen weiterhin mit ihren politischen Zielen im Einklang stehen.

Frage 44

Antwort des Staatsministers Niels Annen auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE): Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Vorgehen der US-Regierung bei, in ihrem jährlichen Menschenrechtsbericht die Wortwahl im Hinblick auf die von Israel besetzten Golanhöhen – im Widerspruch zu Festlegungen in UN-Resolutionen als „von Israel besetzte Gebiete“ – geändert zu haben und damit nunmehr von „israelisch kontrollierten Gebieten“ zu sprechen, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus (vergleiche www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2018&dlid=289209#wrapper)?

Die Bundesregierung hat die Änderung in der Bezeichnung zur Kenntnis genommen. Die US-Regierung beabsichtigt nach eigenen Angaben mit der Änderung keinen Wandel der US-Haltung oder Politik im Hinblick auf die rechtliche oder politische Einordnung der Golanhöhen. Bei der öffentlichen Vorstellung des Berichts im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte Botschafter Kozak, dass es sich um eine reine Veränderung der geografischen Terminologie handele. Eine Erklärung zur Änderung der rechtlichen Position der USA sei gerade nicht beabsichtigt.

Die Position der Bundesregierung zu den Golanhöhen ist unverändert und steht in Einklang mit einschlägigen Sicherheitsratsresolutionen der Vereinten Nationen. Nach Resolution 497 aus dem Jahr 1981 wurde die Annexion des Gebiets durch Israel für unwirksam erklärt. Rechtlich betrachtet handelt es sich um besetztes Gebiet.

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