Hat sich die Bundesregierung im Zusammenhang der Amnestie in der Türkei für deutsche politische Gefangene eingesetzt?

Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 6. Mai 2020

Fragestunde

Frage 78

Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE):

Hat sich die Bundesregierung (und wenn ja, inwiefern) in Zusammenhang mit der Amnestie, die das türkische Parlament für Strafgefangene angesichts der Coronapandemie erlassen hat und im Zuge derer bis zu 90 000 Gefangene entlassen werden sollen, für eine Freilassung oder für eine Umwandlung der Haftzeit von Risikogruppen in Hausarrest der politischen Gefangenen mit deutscher Staatsbürgerschaft eingesetzt, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der erlassenen Amnestie, angesichts dessen, dass sie politische Gefangene ausnimmt, die wegen angeblichen Terrorverdachts – darunter Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten und Regierungskritikerinnen und -kritiker – inhaftiert sind (Deutsche Welle, 14. April 2020, „Türkei entlässt tausende Gefangene“: www.dw.com/de/t%C3%BCrkei-entl%C3%A4sst-tausende-gefangene/a53115093)?

Die deutsche Botschaft in Ankara hat die türkische Regierung wegen der Covid-19-Pandemie ausdrücklich um Schutz der deutschen Inhaftierten, insbesondere von Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf, gebeten. Das Auswärtige Amt führt die konsularische Betreuung der deutschen Staatsangehörigen in der Türkei auch unter den aktuell erschwerten Bedingungen fort.

Menschenrechtliche Verpflichtungen bestehen auch während und bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie fort. Das gilt besonders für vulnerable Gruppen wie Inhaftierte. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Bärbel Kofler, hat daher am 16. April eindringlich die weltweite Freilassung politischer Gefangener vor dem Hintergrund der Pandemie gefordert.

In der Türkei sieht die Opposition in der Ausgestaltung der Amnestie den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt und hat deshalb die Anrufung des türkischen Verfassungsgerichts angekündigt.

Die Bundesregierung betrachtet die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei weiterhin mit großer Sorge und thematisiert dies regelmäßig gegenüber der Türkei.

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