Fragestunde im Bundestag zur Aufnahme Geflüchteter von den griechischen Inseln

Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 201. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 16. Dezember 2020
Fragestunde – Frage 7 – Heike Hänsel

Video: https://fb.watch/2q-ii0-Cfa/

Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Die Frage 4 des Abgeordneten Thomas Seitz und die Frage 5 der Abgeordneten Sevim Dağdelen werden schriftlich beantwortet. Die Frage 6 der Abgeordneten Heike Hänsel wird ebenfalls schriftlich beantwortet, die nächste Frage aber leibhaftig. Das ist die Frage 7 der Abgeordneten Heike Hänsel:

Bis wann rechnet die Bundesregierung damit, dass die zugesagte Anzahl an Flüchtlingen von den griechischen Inseln hier in Deutschland ist, und plant die Bundesregierung angesichts der katastrophalen Situation in Lesbos, Samos etc. die Aufnahme weiterer Flüchtlinge (www.br.de/nachrichten/deutschlandwelt/3-monate-nach-brand-von-lesbos-die-eu-muss-eineloesung-finden,SIanEia)?

Herr Staatssekretär Volkmar Vogel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

Guten Tag auch an Sie, Frau Kollegin Hänsel! Ich möchte Ihre Frage wie folgt beantworten: Allen Personen, deren Aufnahme aus Griechenland die Bundesregierung zugesagt hat, soll zeitnah eine Einreise nach Deutschland ermöglicht werden. Die Aufnahme der unbegleiteten Minderjährigen konnte am 3. Dezember 2020 bereits abgeschlossen werden.

Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass auch die Aufnahme der behandlungsbedürftigen Kinder mit ihren Kernfamilien noch in diesem Jahr weitgehend abgeschlossen werden kann. Dabei erschwert natürlich die aktuelle Covid-19-Situation den Aufnahmeprozess. Alle Akteure arbeiten mit Hochdruck und Umsicht an einer schnellstmöglichen Umsetzung der Aufnahme, die nach aktuellen Planungen noch mehrere Monate andauern wird.

Weitere Aufnahmen aus Griechenland sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht geplant. Vordringliches Ziel der Bundesregierung bleibt, die Situation der Schutzsuchenden und Schutzbedürftigen vor Ort zu verbessern.

Vizepräsidentin Claudia Roth:
Danke, Herr Staatssekretär. – Frau Hänsel.
Heike Hänsel (DIE LINKE):

Danke schön. – Herr Staatssekretär, ich möchte noch mal festhalten: Wir alle haben das erlebt und waren schockiert von dem Brand des Camps Moria auf Lesbos.

Es gab dann zumindest die Zusage, circa 1 700 Menschen insgesamt aufgrund dessen, dass dieses Camp ja nicht mehr existiert, von den griechischen Inseln zu holen. Bis dato sind nicht mal die Hälfte von ihnen hier in Deutschland angekommen. Ich habe die Auskunft, 826 der zugesagten 1 700 seien bisher angekommen. Das ist ja eigentlich ein Armutszeugnis angesichts der katastrophalen Situation auf den griechischen Inseln; die hat sich ja in diesem provisorischen Camp Kara Tepe noch mal verschlechtert.

Sie verweisen jetzt auch auf Corona. Aber gleichzeitig finden heute drei Sammelabschiebungen nach Afghanistan, Irak und Guinea statt. Also, Sie können einerseits trotz Lockdown, trotz Coronapandemie abschieben, aber andererseits in diesem Zeitraum nicht alle Menschen hierherholen. Wie erklären Sie sich das?

Vizepräsidentin Claudia Roth:
Herr Staatssekretär. Volkmar Vogel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

Frau Hänsel, ich möchte noch mal betonen, dass die zuständigen Mitarbeiter im Ministerium und den dazugehörigen Behörden mit Hochdruck an der Bewältigung der Situation arbeiten, und möchte mich auch an dieser Stelle ganz herzlich bei all denen bedanken, die da Hervorragendes leisten.

Es ist tatsächlich so, dass die Coronasituation auch für die Mitarbeiter der zuständigen Behörden schwierig ist. Die von Ihnen angesprochene Rückführung von afghanischen Bürgerinnen und Bürgern oder aus anderen Ländern hat ja nichts damit zu tun, dass das jetzt eine Coronasituation ist, die noch einer Bewältigung bedarf. Die Vorgänge dazu sind ja abgeschlossen.
Vizepräsidentin Claudia Roth:

Danke, Herr Staatssekretär. – Frau Hänsel.
Heike Hänsel (DIE LINKE):

Danke. – Ja, aber die Verwaltung muss ja auch da aktiv werden, und anscheinend ist sie bezüglich Abschiebungen aktiv, währenddessen sie nicht in dem Maße daran arbeitet, Menschen hier aufzunehmen. Abgesehen davon, finden wir es skandalös, dass jetzt mitten in dieser Pandemie Massenabschiebungen stattfinden; das muss ich auch mal sagen.
Abschließend noch mal die zweite Frage von mir. Die Situation auf den griechischen Inseln hat sich verschlechtert, nicht verbessert. Es sind keine winterfesten Lager. Die Situation ist für Familien unerträglich. Deshalb noch mal die Nachfrage: Sind Sie bereit, mehr Menschen von den Inseln aufzunehmen, damit endlich diese menschenunwürdigen Bedingungen beendet werden, über die bereits zugesagten Kontingente hinaus?

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Danke schön, Frau Hänsel. – Herr Staatssekretär. Volkmar Vogel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

Die Bundesregierung bedauert die Zustände auf den griechischen Inseln genauso und ist bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu helfen, insbesondere durch Hilfe vor Ort, die wir leisten und die sicherlich auch in den nächsten Wochen und Monaten unter dem Gesichtspunkt andauern wird, dass unser Ziel ist, den Menschen dort vor Ort vernünftige Bedingungen zu gewährleisten.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Haben Sie aber nicht!)

Weitere Aufnahmen sind seitens der Bundesrepublik Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant. Alle Aktivitäten in dem Zusammenhang im europäischen Kontext zu sehen, halten wir für richtig.

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