Rede zu Protokoll

Es ist unerträglich, dass die Angriffe des NATO-Partners Türkei in Syrien jeden Tag weitergehen. Auch nach dem Abkommen von Sotschi versucht die türkische Armee, an der Seite islamistischer Terrormilizen weiter vorzurücken. Die Einheiten dieser sogenannten Syrischen Nationalen Armee, die sich zu einem großen Teil aus ehemaligen FSA-Einheiten zusammensetzen, haben sich der furchtbarsten Massaker an der kurdischen Zivilbevölkerung auch noch gebrüstet.

Dass die Bundesregierung weiterhin keinen umfassenden Waffenstopp für die Türkei verhängt und auf EU-Ebene Anweisung gegeben hat, einen umfassenden Rüstungsexportstopp auch noch zu hintertreiben, ist skandalös. Aber damit nicht genug! Auf unsere Anfragen mussten Sie jetzt einräumen, dass Sie das Büro der Nationalkoalition hier in Berlin, die den Einmarsch von Erdogans Truppen begrüßt, über Jahre hinaus finanzierten. Diese Leute verstehen sich als der politische Arm der islamistischen Soldateska und dürfen hier in Berlin syrische Botschaft spielen.

Das, was die Bundesregierung hier macht, ist jedenfalls kein Beitrag zum Frieden, genauso wenig wie die Tatsache, dass Sie über den Wiederaufbaufonds Syrien auch die Infrastruktur in der von der al-Qaida gehaltenen Provinz Idlib in Syrien mitfinanzierten. Nein, wir brauchen eine grundlegende Wende in der Syrienpolitik. Die Bundesregierung muss endlich mit ihrer Regime-Change-Politik brechen, die dazu beigetragen hat, große Teile der Bevölkerung Syriens ins Elend zu stürzen.

Das bedeutet aber auch, dass Deutschland sich am Wiederaufbau Syriens beteiligen muss und dass die Wirtschaftssanktionen, die die Bevölkerung weiter verarmen lassen und den Menschen selbst den Zugang zu einfachsten Medikamenten verwehren, endlich gekippt und beendet werden müssen. Oder wollen Sie dies den Golfdiktaturen wie den Emiraten und Saudi-Arabien überlassen, die jetzt eine 180-Grad-Wende ihrer Politik in Syrien einleiten, diplomatische Beziehungen aufnehmen und die Finanzierung des Wiederaufbaus anbieten?

Ich frage mich: Warum kommt von Ihnen denn gar keine einzige diplomatische Initiative, um den Verfassungsprozess in Syrien mit zu unterstützen? Bisher sind die Kurden nicht mit am Tisch, weil Ihr NATO-Partei Türkei und die von ihm gehätschelte islamistische Opposition dies nicht zulassen. Warum machen Sie sich denn nicht stark dafür, dass die kurdische Autonomie in Syrien erhalten wird und die Kurden mit am Verfassungsprozess in Genf teilnehmen können? Meinen Sie, dies würde Ihre guten Beziehungen zu Ihrem Partner Erdogan zu stark stören?

Es liegt auf der Hand, woran das liegt. Sie haben sich von jeder Art eigenständiger Politik verabschiedet. Jede Wendung des US-Präsidenten Trump ist für Sie ein Befehl. Jetzt erklärt Trump offen, die US-Soldaten blieben in Syrien, um das Öl zu sichern, und er twittert fröhlich frei heraus zu diesem imperialistischen Völkerrechtsbruch – und das Auswärtige Amt getraut sich nicht einmal, dazu eine kritische Stellungnahme abzugeben.

Ja, Sie müssen doch der Öffentlichkeit jetzt hier reinen Wein einschenken. Ihr sogenannter Anti-IS-Einsatz der Bundeswehr dient lediglich dazu, den USA zu helfen, das Öl in Syrien zu sichern. Sie treten das Grundgesetz und das Völkerrecht mit Füßen. Das Leben der Bundeswehrsoldaten setzen Sie dort für die Rohstoffsicherung ein. Das ist unerträglich.

Die Linke fordert, diesen Wahnsinn sofort zu beenden und die Missionen zu stoppen. Statt für imperiale Militäreinsätze im Stile des 19. Jahrhunderts sollten Sie sich endlich für die Menschen in Syrien engagieren – und für Lebensbedingungen dort, die nicht immer mehr Menschen aus Verelendung heraus in die Flucht treiben.

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