Sanktionen gegen Syrien beenden, Friedensbeitrag Wiederaufbau ermöglichen

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Die Coronapandemie trifft schon uns alle hier in den reichen Industriestaaten hart. Wie viel härter natürlich sind die Auswirkungen dann erst in den Krisen- und Kriegsregionen dieser Welt? Genau deshalb unterstützen wir den eindringlichen Appell von UN-Generalsekretär António Guterres für eine globale Waffenruhe und den Stopp der einseitigen und – das muss man dazusagen, Frau Groden-Kranich – völkerrechtswidrigen Wirtschaftssanktionen gegen zahlreiche Länder dieser Welt. Diese müssen endlich gestoppt werden, damit die Menschen auch in diesen Regionen gegen die Pandemie kämpfen können.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Pasemann (AfD))

Das gilt natürlich auch für Syrien. Die Menschen leiden nämlich zusätzlich zu dem Krieg unter den schweren Sanktionen der USA und der EU. Erst gestern sind neue extraterritoriale US-Sanktionen verhängt worden, die auf eine totale Zerstörung der syrischen Wirtschaft setzen. Die humanitäre Lage und der Wiederaufbau dieses geschundenen Landes werden damit noch schwieriger. Schon heute leben laut Schätzungen mehr als 80 Prozent der im Land verbliebenen Syrer und Syrerinnen unterhalb der Armutsgrenze. 11 Millionen von ihnen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Die Auswirkungen der Sanktionen sind seit Jahren bekannt. Das Medizinjournal „The Lancet“ urteilte schon 2015 – ich zitiere -:

Sanktionen zählen zu den Hauptursachen für das Leid der Bevölkerung in Syrien und sind eine bedeutende Ursache für die Verstetigung des Konflikts … sie hätten ‚die Brutalität dieses Konflikts vielfach verschärft‘.

Auch der European Council on Foreign Relations stufte die Sanktionen 2019 als – Zitat – „Politik der verbrannten Erde“ ein, „die unterschiedslos und willkürlich gewöhnliche Syrer bestraft…“. Laut Oxfam ist insbesondere auch die medizinische Versorgung der Bevölkerung betroffen. Lebenswichtige Medikamente, zum Beispiel zur Krebstherapie, fehlen.

Ich bin auch der Meinung, dass alle Kriegsverbrechen in Syrien, egal von welcher Seite, untersucht und geahndet werden müssen; das fordern wir auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die Sanktionen sind auch ein Verbrechen an der Bevölkerung in Syrien, und deswegen müssen sie gestoppt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Für eine Friedenslösung müssen alle Kämpfe, alle Bombardierungen und Waffenlieferungen von allen Seiten eingestellt werden, und eben auch diese tödlichen Sanktionen. Viel wichtiger wäre es – da könnte die Bundesregierung die Initiative ergreifen im Rahmen ihres UN-Vorsitzes -, dass endlich der Wiederaufbau in Syrien unterstützt wird.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Waldemar Herdt (AfD))

Während die syrische Bevölkerung von der EU also quasi ausgehungert wird, wird aber die Besatzungsmacht Türkei in Syrien weiterhin großzügig mit Geld unterstützt.

(Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Und Waffen!)

Die EU-Kommission stellt jetzt Erdogan sogar einen Scheck über eine halbe Milliarde Euro aus und fördert damit seine Politik in Syrien.

(Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE): So ist das mit dem Despoten-Hofieren!)

Und so kann die Türkei jetzt übrigens ja auch den Nordirak bombardieren. Die deutschen Waffenlieferungen laufen ja trotzdem weiter. Herr Schwabe, dazu hätten Sie auch mal einen Ton sagen können.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Waffenlieferungen an Autokraten lehnen wir auch ab. Im syrischen Idlib, das von al-Qaida und der Türkei kontrolliert wird, wird jetzt die türkische Lira sogar als Währung eingeführt – in Syrien. Die Türkei betreibt hier eine klare Annexionspolitik – genauso in den kurdischen Regionen im Norden Syriens, ohne dass das Auswärtige Amt auch nur einen Hauch von Kritik formuliert. Auch das ist eine moralische Bankrotterklärung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin Hänsel.

Heike Hänsel (DIE LINKE):

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

Es darf keine Rüstungsexporte und Finanzhilfen mehr für die Türkei geben. Das wäre ein Beitrag zu Frieden in Syrien – eine Verelendung der syrischen Bevölkerung, so wie sie die deutsche Außenpolitik betreibt, ganz bestimmt nicht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD – Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), an DIE LINKE gewandt: Der Beifall der AfD war Ihnen sicher! – Gegenruf des Abg. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Ja, wenn man was Richtiges sagt, kann man sich nicht dagegen wehren!)

Kommentare sind geschlossen.