Katastrophe mit Ansage

Der verheerende Brand im völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos ist eine Katastrophe mit Ansage. Seit Jahren warnen Menschenrechtsorganisationen vor einer Eskalation. Jedes Jahr wurde die Situation schlimmer, alle wussten das, es gab ständig Medienberichte, viele Hilfsorganisationen engagierten sich. Auch die Tübinger Gesellschaft Kultur des Friedens war regelmäßig vor Ort und wandte sich in zahlreichen Schreiben an die Bundesregierung.

Deutschland steht nicht nur angesichts der EU-Ratspräsidentschaft in der dringenden Pflicht, jetzt eine sofortige Evakuierung Morias zu organisieren. Es war maßgeblich die Bundesregierung, die den „Flüchtlingsdeal“ mit dem türkischen Präsidenten Erdogan 2016 vorgeschlagen hat. Dadurch wurden die EU-Lager auf den griechischen Inseln erst zu diesen „Freiluftgefängnissen“, da kein Flüchtling mehr die Inseln verlassen konnte. Gleichzeitig war die Bundesregierung nun abhängig von Erdogan, der als Dank viele deutsche Waffenlieferungen erhält und dessen aggressives militärisches Vorgehen in Syrien, im Irak, in Libyen und jetzt im Mittelmeer gegen Griechenland kaum kritisiert wird. Und man machte die Flüchtlingsfrage zu einem alleinigen Problem der griechischen Bevölkerung, die selbst durch jahrelange EU-Spardiktate verarmt war. Das schürte den Unmut vor Ort.

Jahrelang warten Flüchtlinge mittlerweile in Moria auf ein erstes Interview für das Asylverfahren, leben teilweise schwer kriegstraumatisiert währenddessen mit ihren Familien im Dreck. Seit März war das Lager wegen Covid19 weitgehend abgeriegelt. Auch das hat die Stimmung immer weiter angeheizt. Das erfuhren wir bei unserem letzten Besuch Ende August. Und wir hörten von organisierten illegalen „Rückführungen“ durch die griechische Küstenwache, die Menschen nachts einfach wieder auf aufblasbaren Inseln auf See aussetzt und Richtung Türkei schleppt. Eine schwere Menschenrechtsverletzung, die europäisches Recht bricht.

Die Bundesregierung behauptet, davon nichts zu wissen, obwohl auch ein deutsches Nato-Schiff in der Ägäis kreuzt. Jetzt muss sie handeln: die EU-Hotspots auflösen, alle Angebote von Städten und Gemeinden, Menschen aufzunehmen, nicht mehr länger blockieren und die EU-Flüchtlingspolitik human ausrichten mit legalen Einreisewegen. Dafür wird morgen um 14 Uhr auf dem Holzmarkt demonstriert.

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