Es kommt einem vor wie ein Stück aus dem Tollhaus. Während SPD-Wirtschaftsminister Gabriel nun plötzlich das Aus von TTIP verkündet, organisiert er sich gleichzeitig im SPD-Parteivorstand grünes Licht, um dem EU-Freihandelsabkommen mit Kanada, Ceta, im Oktober im Ministerrat auf EU-Ebene zustimmen zu können! Jedes Kind weiß mittlerweile, dass Ceta nichts anderes als TTIP durch die Hintertür bedeutet.
Wenn dem Ceta-Vertragstext zugestimmt wird, dann gibt es ein rechtsverbindliches Abkommen mit Sonderklagerechten für Investoren, Abbau von sozialen und ökologischen Standards, Zwang zur Deregulierung und Liberalisierung sowie einer Kompetenzverlagerung von den Parlamenten auf demokratisch nicht legitimierte Ausschüsse. Die Argumentation von Gabriel, man könne dann ja im EU-Parlament oder im Bundestag den Vertragstext immer noch ändern, ist eine dreiste Behauptung.
Fakt ist, die Bundesregierung könnte problemlos Ceta in der jetzigen Fassung verhindern, indem Gabriel im Ministerrat dagegen stimmt. Ceta muss von allen Mitgliedstaaten aktiv unterzeichnet werden, ein Nein oder selbst eine Enthaltung verhindert den Vertrag. Alles andere ist eine reine Mogelpackung aus wahltaktischen Gründen der SPD. In der Ceta-Anhörung diese Woche im Bundestag äußerte sich auch der Völkerrechtler Wolfgang Weiß skeptisch.
Die Parlamente allein könnten keine rechtsverbindlichen Ergänzungen oder Klarstellungen zu Ceta verabschieden. Den Einfluss des Bundestags auf den Prozess stufte er als noch geringer ein. Zudem will ja die EU-Kommission das Abkommen schon vor der Abstimmung der nationalen Parlamente vorläufig in Kraft setzen, dann könnte sowieso nichts mehr geändert werden. Es geht hier um sehr viel. Es geht um die Entmachtung demokratisch gewählter Parlamente durch die Diktatur weniger multinationaler Konzerne und um zukünftige Handelspolitik: tödlichen Freihandel für Entwicklungsländer oder endlich ein gerechtes Welthandelssystem.
Angesichts von Millionen Menschen auf der Flucht vor Perspektivlosigkeit, Armut und Klimawandel aus den afrikanischen Ländern, deren Existenz durch die herrschende Handelspolitik zerstört wird, kann es kein Weiter-so geben. Deshalb kommt es jetzt auf uns an, auf alle Gegner und Gegnerinnen eines ungebremsten, zerstörerischen Freihandels, Sigmar Gabriel am 17. September auf der Großdemonstration in Stuttgart die Rote Karte zu zeigen!
Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der Linken