Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Müller,
Sie haben die globalen Herausforderungen und die großen Krisen, mit denen wir derzeit konfrontiert sind, angesprochen. Sie bilden sich aber leider überhaupt nicht in diesem Haushaltsentwurf ab; Sie selbst haben das erwähnt. Ich denke, Sie können mit diesem Haushalt überhaupt nicht zufrieden sein. Alle, die sich für Entwicklung einsetzen, müssen diesen Haushaltsentwurf eigentlich ablehnen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe (SPD))
Ich muss dazusagen: Es klingt in unseren Ohren schon fast wie blanker Hohn, wie Herr Schäuble die schwarze Null gepriesen hat. Sie sei kein Selbstzweck, sondern ein Zeichen der Verlässlichkeit, sagte er und fügte hinzu: Wir halten unsere Versprechen. – Da frage ich mich natürlich: Welche Versprechen hält er denn? Vielleicht hält er das Versprechen der Haushaltsdisziplin. Aber das jahrzehntelange Versprechen, endlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens – das ist wahrlich nicht viel – für Entwicklung auszugeben, haben wir wieder deutlich verfehlt; ich finde, das ist beschämend.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe (SPD))
Wir sind mit ungefähr 0,38 Prozent meilenweit davon entfernt. Da der Aufwuchs fast null beträgt, wird die ODA-Quote sogar zurückgehen. Haushaltsdisziplin wird also sowohl in Deutschland als auch weltweit auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit durchgesetzt. Die schwarze Null steht über allem. Das lehnen wir ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Natürlich muss ich in diesem Zusammenhang auch neue Versprechen, die gemacht werden, erwähnen; auch das war heute schon Thema. Die NATO-Mitgliedstaaten haben sich auf Rüstungsausgaben in Höhe von 2 Prozent des Bruttonationaleinkommens geeinigt. Das ist dann natürlich der Gipfel. Frau von der Leyen sagt ja: So viel Geld wollen wir insgesamt nicht ausgeben. – Aber es steht fest: Es wird deutlich mehr Geld für Rüstung geben und viel zu wenig Geld für Entwicklung. Diese Politik unterstützen wir nicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn sie ist auch mit einer weiteren Militarisierung verbunden, mit Aufrüstung.
Wir erleben ja, das war heute auch Thema, wie die NATO auch im Ukraine-Konflikt agiert. Für uns ist das eine Politik der Eskalation. Man muss sich vorstellen, dass derzeit ein breit angelegtes NATO-Manöver auch in der Ukraine stattfindet, in einem Land, in dem Krieg herrscht und wo wir Zeichen des Dialogs bräuchten und keine Zeichen militärischer Stärke.
Es soll eine neue Eingreiftruppe mit erhöhter Einsatzbereitschaft eingerichtet werden, die Präsenz der NATO-Truppen in den osteuropäischen Ländern soll ausgebaut werden usw.
Aus gutem Grund fordert die Linke die Auflösung der NATO – genauso, wie der Warschauer Pakt aufgelöst wurde. Wir brauchen zivile Sicherheitsstrukturen, die gegenseitiges Vertrauen, den Interessenausgleich fördern, um gemeinsam die Probleme, die Sie, Herr Müller, hier angesprochen haben, zu bewältigen. Das ist in unseren Augen die große Zukunftsaufgabe: dass wir die NATO überwinden
(Beifall bei der LINKEN)
und diese Politik der Militarisierung.
Konfliktursachen können auch nur zivil bekämpft werden.
1 Billion Dollar geben die NATO-Mitgliedstaaten derzeit für Rüstung aus. Wenn wir gleichzeitig das ist auch eine Kritik an Ihrem Haus die Ausbreitung des Ebola-Virus sehen über 4 000 Menschen sind infiziert, 2 300 bereits gestorben und wenn ich lese, dass Sie dafür derzeit gerade einmal 1,4 Millionen Euro zur Verfügung stellen, dann meine ich: Das ist völlig inakzeptabel – zumal Sie hier vor ein paar Tagen in einer Sondersitzung 70 Millionen Euro für Waffenlieferungen beschlossen haben. Es geht dabei auch in Afrika um Menschenleben, darum, dass diese Menschen vor diesem tödlichen Ebola-Virus gerettet werden. Da könnte man sehr viel machen. Da erwarte ich auch von Ihnen, Herr Müller, dass Sie sich viel mehr einsetzen.
Sie haben sich das muss ich auch sagen kritisch gegenüber den Waffenlieferungen geäußert. Darin haben Sie unsere Unterstützung. Wir appellieren an Sie, dass Sie den Mut aufbringen, beim nächsten Mal im Bundessicherheitsrat dagegen zu stimmen. Wir würden das sehr unterstützen. Die Linke setzt sich für ein Verbot von Rüstungsexporten ein. Auch das wäre ein wichtiger Beitrag für Entwicklung.
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt übrigens viele andere Bereiche, die zur ODA zählen, in denen auch gekürzt wird. Da werden zum Beispiel die Mittel für humanitäre Hilfe im Etat des Auswärtigen Amtes um 38 Prozent gekürzt. Das muss man sich vorstellen!
Die Mittel für Krisenprävention und für den zivilen Friedensdienst stagnieren.
All das geschieht in einer Zeit, in der wir mit Krisen konfrontiert werden, für die wir neue zivile Instrumente benötigen, die ausgebaut werden müssen, die aber leider seit Jahren, mittlerweile seit Jahrzehnten, ein Schattendasein führen. Wir fordern eine Stärkung dieser zivilen Instrumente. Für uns ist das ein starkes Zeichen für eine friedliche Außenpolitik.
Zum Schluss möchte ich noch etwas zur Situation im Nahen Osten sagen, was in meinen Augen bisher in der heutigen Debatte zu kurz kam. Wir haben alle die massiven Bombardierungen des Gazastreifens erlebt mit über 2 000 toten Palästinensern und 68 Toten auf israelischer Seite; der Gazastreifen ist nach wie vor abgeriegelt. Sehr viel Infrastruktur wurde zerstört. Dazu haben wir eine Anfrage gestellt: 6 Milliarden Euro soll der Wiederaufbau kosten. Wer zahlt das eigentlich? Dabei ist das nicht das erste Mal. Wir erleben diese Zerstörungen jetzt zum dritten Mal. Immer wieder werden von der internationalen Gemeinschaft diese Entwicklungsprojekte und die UN-Einrichtungen mit Steuergeldern wieder aufgebaut. In unseren Augen kann das nicht sein. Man muss auch die israelische Regierung zur Verantwortung ziehen. Es kann nicht sein, dass wir immer wieder aufbauen, und dann wird immer wieder zerstört.
(Beifall bei der LINKEN)
Weiter brauchen wir eine neue Ausrichtung in der Nahostpolitik. Dazu gehört auch, dass die Besatzung endlich beendet wird. Dabei spielt auch die Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle, Herr Müller, nämlich insofern, ob sie mit ihren Projekten diese Besatzung stabilisiert oder ob sie dazu beiträgt, dass der zivile Widerstand gegen die Besatzung gestärkt wird. Das ist in unseren Augen ein wichtiger Beitrag für einen gerechten Frieden im Nahen Osten.
Abschließend möchte ich sagen – –
Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:
Nein, Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit jetzt um eine Minute überschritten. Deshalb bitte ich, jetzt wirklich zu schließen.
Heike Hänsel (DIE LINKE):
Ja, ich schließe. Für uns ist eine aktive Friedenspolitik der beste Beitrag für Entwicklung.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)