Kein Applaus für die Putschisten

In Lateinamerika findet kein rechter Putsch mehr ohne Beifall der Bundesregierung statt. Während der US-Putschversuch in Venezuela bisher erfolglos war und die Bevölkerung deshalb mit einem gnadenlosen Sanktionsregime von USA und EU zum Umsturz bewegt werden soll, ging in Bolivien alles ganz schnell. Nach den Vorwürfen von Wahlmanipulation, für die die Organisation Amerikanischer Staaten bisher allerdings nur Hinweise, aber keine Beweise gefunden hat, wurde der gewählte Präsident Evo Morales aus rechten Kreisen des Militärs und der Gewalt auf der Straße zum Rücktritt gezwungen.

Die weiße Elite hat die Macht an sich gerissen und verfolgt nun die Anhänger von Morales erbarmungslos. Häuser werden angezündet, Familienmitglieder bedroht und entführt. Militär und Polizei gehen mit Schusswaffen gegen Proteste der indigenen Bevölkerung vor, es sind bereits mindestens 24 Tote zu beklagen. Die Wiphala, die Fahne der indigenen Nationen der Anden, wurde medienwirksam verbrannt.

Die evangelikale Rechtsaußen-Politikerin Jeanine Añez, die durch rassistische Aussagen gegenüber der indigenen Mehrheit aufgefallen war, hat sich zur neuen Präsidentin Boliviens ernannt. All dies hielt die Bundesregierung nicht davon ab, den Rücktritt Morales‘ als „wichtigen Schritt hin zu einer friedlichen Lösung“ zu begrüßen und die de-facto-Präsidentin als Übergangsregierung anzuerkennen. Diese hat bereits Evo Morales von möglichen Neuwahlen ausgeschlossen und ein Dekret erlassen, das dem Militär Straffreiheit gewährt bei seinem Vorgehen gegen die Massenproteste.

Im Vergleich zu Venezuela, hört man über Bolivien wenig in den Medien, ebenso wenig über die anhaltende Polizeigewalt in Chile gegen die seit Wochen andauernden Massendemonstrationen, die 20 Menschen das Leben gekostet hat. Auch über die Hintergründe wird kaum berichtet.

Bolivien verfügt über das weltweit größte Lithiumvorkommen, dessen Preis sich von 450 Dollar pro Tonne im Jahr 2003 auf bis zu 17.000 Dollar pro Tonne aktuell erhöht hat. Für die zukünftige Elektromobilität unverzichtbar. Dass ursprünglich ein deutsches Unternehmen den Zuschlag zur Erschließung in Bolivien erhalten hatte, hat die US-Regierung sicherlich aufgeschreckt. Alle, die mehr erfahren möchten über die aktuelle Situation, sind herzlich eingeladen am 2. Dezember um 19 Uhr ins Tübinger Schlatterhaus, von Pensamiento Latinoamericano und mir.

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