Wie jeden Sommer verbringe ich einen Teil meines Urlaubs in einer Freizeit für alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern aus der Region Stuttgart, die auf Hartz IV angewiesen sind. Jedes Mal aufs Neue bin ich mit den alltäglichen Problemen dieser Frauen konfrontiert. Neben dem Dauerstress als Alleinerziehende macht der Staat auch noch Stress. Dazu zählt die Angst vor dem Sachbearbeiter im Jobcenter, der ständige Druck, eine unterbezahlte Arbeit annehmen zu müssen bei gleichzeitig schlechtem Angebot für ganztägige Kinderbetreuung und das Chaos bei der Bewilligung von Bildungsgutscheinen.
Durchweg eine Politik der Bevormundung und Entwürdigung. Da braucht es Ermutigung und Hoffnung. Doch kann ich diesen Frauen guten Gewissens sagen, dass sich an diesem System bald etwas ändern wird? Wenn ich mir den Wahlkampf anschaue und die derzeitigen Wahlprogramme der Parteien, dann lautet die Antwort eindeutig nein. Auch bei den Diskussionen auf Wahlpodien wird das Thema Hartz IV gerne umschifft. Vor allem Rot-Grün fordert scheinbar eine soziale Wende, aber eine grundsätzliche Abkehr von der neoliberalen Agenda 2010 hört man nicht. Es wird also nach der Wahl keinen Politikwechsel, sondern allenfalls einen Regierungswechsel geben – wenn überhaupt.
Denn das ständige Herbeireden einer rot-grünen Mehrheit, die es faktisch derzeit nicht gibt, und der „Countdown“ bis zur Kanzlerschaft eines Peer Steinbrück sind nur noch peinlich. SPD und Grüne haben eine Mehrheit nur mit der Linken, und da sie diese ablehnen, hat Rot-Grün keine Machtoption. Also werden wir mit irgendeiner anderen Koalition konfrontiert werden, eventuell unter Beteiligung der SPD oder der Grünen, aber nicht gemeinsam.
Und da haben dann doch der Wähler und die Wählerin eine gute Option: Je stärker die Linke als Opposition im Bundestag wird, desto größer wird der Druck auf die Regierungsparteien, eine soziale und friedliche Politik umzusetzen. Denn das ist unsere Erfahrung aus acht Jahren Oppositionsarbeit. Nur mit einer linken Wahlalternative wird auch die Politik der anderen Parteien etwas sozialer ausgerichtet. Das zeigt die Forderung nach einem Mindestlohn, und das kann man deutlich an den derzeitigen Programmen von SPD und Grünen sehen. Denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Das kann nur gut sein. Wenn sich so etwas für die alleinerziehenden Frauen verbessert, dann lohnt sich Opposition.